Hätte mir vor ein paar Jahren jemand gesagt, dass ich mal öffentlich ein Bild von mir im Sport-BH poste, dann hätte ich das ganz sicher nicht geglaubt. Ich war soweit weg davon, mich selbst zu akzeptieren, dass ich mich anderen Menschen niemals so gezeigt hätte. Mein Schönheitsideal war mindestens 15 Kilo davon entfernt, wie ich heute aussehe. Ins Schwimmbad oder an den Badesee bin ich nur gegangen, wenn die Waage kurz davor wenig genug angezeigt hat. Waren es nur 100g mehr, bin ich lieber zu Hause geblieben. Dass ich einen Körper, so wie ich ihn heute habe jemals in der Lage bin zu akzeptieren und sogar zu lieben, war undenkbar.
Dass wir unseren Körper genau so lieben sollen wie er ist, ohne uns ständig verändern zu wollen, dazu trägt gerade unter anderem die #bodypositivity Bewegung bei, was ich einfach super finde. Aber kann man sich auch selbst lieben, wenn man Kleidergröße 50 oder größer hat? Persönlichkeiten wie Tess Holiday sagen JA, das kann man! Aber ist massive Fettleibigkeit nicht der gleiche Raubbau am Körper wie massives Untergewicht? Frauen, die sich für #bodypositivity einsetzen sind auch einstimmig gegen magerere Laufstegmodels und den Size Zero Trend. Aber ist es denn wirklich besser, das Schönheitsideal stattdessen auf Fettleibigkeit zu verschieben?
Ich finde es eine tolle Entwicklung, dass es immer mehr Frauen gibt, die sich dafür einsetzen, dass jeder Körper schön ist und dass es nicht nur ein Schönheitsideal gibt. Frauen, die sich öffentlich in Unterwäsche zeigen obwohl sie alles andere als Modelmaße haben geben anderen Frauen Mut, zu sich zu stehen. Ich bewundere diese Frauen sehr und finde, sie leisten einen sehr wichtigen Beitrag. Es gibt uns in verschiedenen Formen, Farben und Größen und wir alle haben unterschiedliche Veranlagungen. Es gibt von Natur aus sehr schlanke Frauen und es gibt eben von Natur aus fülligere Frauen. Keine von beiden ist mehr wert als die andere und es bedeutet auch nicht, dass die fülligere Frau automatisch unsportlicher ist und sich ungesünder ernährt als die dünne Frau. Es ist einfach traurig, wenn eine Frau, die von Natur aus zu einer Größe 40 tendiert ihr Leben lang versucht in Größe 34 zu passen nur weil sie denkt, dann mehr akzeptiert zu werden oder das Gefühl hat, sich nur so annehmen zu können.
Aber was stört mich jetzt an dieser Bewegung?
Zu Selbstliebe und Selbstakzeptanz gehört auch eine Ernährung, die dem Körper gut tut und angemessene Bewegung. Du kannst dich nicht selbst lieben und deinen Körper gleichzeitig so vollstopfen, dass du danach träge bist und dich unwohl fühlst. Das würdest du deinem Körper nicht antun, wenn du ihn lieben würdest. Ich habe allerdings das Gefühl, dass Frauen oft vermittelt wird, dass sie unter dem Deckmantel Body Positivity alles in sich reinstopfen können und es einfach nur als Selbstliebe bezeichnen. Das ist aber keine echte Selbstliebe und hier spreche ich aus eigener Erfahrung! Wenn man nicht krank ist und keine Medikamente nimmt, dann resultiert ein 200kg Körper in der Regel aus Binge Eating. Und Binge Eating ist eine Essstörung wie jede andere auch - die krasseste Form von Selbsthass.
Ich finde es schade, dass leider oft übersehen wird, dass es nicht nur zwei Extreme gibt. Es gibt nicht nur Hungern und Überessen. Es gibt einen Mittelweg. Und innerhalb dieses Mittelweges gibt es verschiedene Figuren. Eine Grenze ist einfach dann erreicht, wenn die Gesundheit leidet, was natürlich auch bei jedem Menschen individuell sein kann.
Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass jeder Mensch mit seinem Körper machen kann, was er möchte und dass ich darüber nicht urteile. Es geht hier ausschließlich um Frauen, die sich anderen Frauen als Vorbild präsentieren. Eine 200kg Frau muss nicht erst abnehmen, um sich selbst zu lieben. Sondern sie wird automatisch abnehmen, wenn sie beginnt, sich selbst zu lieben.
Maße ich mir mit diesem Beitrag an, darüber zu urteilen, wie ein Mensch zu sein hat, obwohl mich das schlichtweg nichts angeht?
In der Bewegung wird gerne behauptet, dass Selbstliebe bedeutet, dass ich mich liebe so wie ich bin. Egal ob ich krank bin oder gesund. Ob ich jung bin oder alt und ob ich schlank bin oder adipös! Niemand hat das Recht darüber zu urteilen ab wann etwas gesund ist und wann nicht. Also erstmal denke ich schon, dass ein Arzt beurteilen kann, was noch gesund ist und was nicht. Dass das bei jedem Menschen individuell ist, das habe ich ja bereits geschrieben. Aber beleuchten wir doch mal die andere Seite. Ist es denn dann auch Bodypositivity, als erwachsene Frau 34 Kilo zu wiegen? Maße ich mir an, über andere zu urteilen, wenn ich mich ausdrücklich gegen Pro Ana Foren ausspreche? Wenn ich eine magersüchtige Frau auf der Straße sehe, dann gehe ich ganz sicher nicht hin und sage ihr, wie abstoßend ich sie finde. Denn es geht mich nichts an, wie sie aussieht und es geht mich auch nichts an, was sie mit ihrem Körper macht. Wenn diese Frau aber andere Frauen dazu anstiftet, so einen Körper anzustreben und anderen Essgestörten sagt, sie sollen sich keine Hilfe suchen und nicht versuchen zuzunehmen, dann würde ich dazu sehr wohl Stellung beziehen. Adipositas, was in den meisten Fällen aus Binge Eating resultiert, ist eine genauso ernstzunehmende Krankheit wie Anorexie. Seinen Körper krank zu machen, in dem man ihn entweder mit schlechter Nahrung vollstopft oder ihm keine Nahrung gibt, das kann niemals ein Akt der Selbstliebe sein.
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